VÖPE in Kleine Zeitung am Sa, 03.07.2021 zum Thema: Unsere Zukunft hat nicht den besten Ruf

Im Interview mit Erwin Soravia, Sprecher der österreichischen Projektentwickler, wird über die Zukunft der Branche der Projektentwickler berichtet. Er möchte die Bauträger als "Lebensraumentwickler" positionieren. Er vermisst "visionäre Standortpolitik" und verlangt mehr Genehmigungen für Wohnbauten.

“Unsere Zunft hat nicht den besten Ruf“

INTERVIEW. Erwin Soravia, Sprecher der österreichischen  Projektentwickler, will Bauträger als „Lebensraumentwickler“ positionieren. Er vermisst „visionäre Standortpolitik“ und verlangt mehr Genehmigungen für Wohnbauten.

Bauträger beziehungsweise Immobilienprojektentwickler, die es vorziehen würden, als Lebensraumentwickler wahrgenommen zu werden. Ein Widerspruch?

ERWIN SORAVIA: Die Zunft der Projektentwickler ist in der äußeren Wahrnehmung nicht unbedingt die bestbeleumdete. Ziel der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler ist es deshalb, den Stellenwert zu heben und das Image zu verbessern. Denn schließlich hat die Bevölkerung ja direkt und indirekt ständig mit uns zu tun. Wir
haben mittlerweile 49 Mitglieder in Österreich, welche 80 bis 90 Prozent der Wertschöpfung, das sind zehn Prozent vom gesamten BIP, in diesem Bereich erbringen.

Was also ist die Definition von einem Lebensraumentwickler?

Wir entwickeln Grundstücke und schaffen damit Lebensräume, zum Beispiel Wohnräume, dort wo man wohnt, arbeitet, Urlaub macht oder die Kinder in die Schule gehen. Wir wollen Themen wie Raumordnung oder Klima, die uns betreffen, proaktiv mitgestalten, und mit anderen Interessensvertretungen kooperieren. Und wir würden gerne bei den jeweiligen Gesetzgebungsprozessen unsere Inputs einbringen. Standortpolitik beispielsweise ist ein Thema, das viel mehr diskutiert werden muss.

Wie müsste Standortpolitik aus Ihrer Sicht sein?

Es müsste viel mehr visionäre Standortpolitik gemacht werden. Jede Region in Österreich sollte wissen, was genau ihre Ziele sind, schon im Hinblick auf die nächste Generation – wie viele Arbeitsplätze man schaffen will und wie viel Wohnraum. Es muss sich für die jungen Menschen lohnen, dort zu leben. Um das zu erreichen, braucht man Standortpolitik. Und es gibt Regionen, die dafür mehr tun als andere, die breiter denken, beispielsweise Startup-Zentren auch in kleineren Gemeinden schaffen. Eben in Standortpolitik investieren.

Wohnraum für junge Menschen sollte leistbar sein, sagen auch Sie. Bei den Preisen am Immobilienmarkt, die ständig weiter nach oben gehen, eine Illusion?

Das Problem aus unserer Sicht sind zum Teil die Grundstückspreise. Treiber sind hier unter anderem Spekulationen und zu wenig Genehmigungen. Es muss mehr genehmigt werden. Und das Liegenlassen von genehmigten Liegenschaften sollte nach einem gewissen Zeitraum besteuert werden. Hier sollte man ansetzen, und Möglichkeiten zur Regulierung schaffen. Und wenn genug Wohnungsangebot da wäre, wären die Preise nicht so hoch.

Sie sagen, das Wohnungsangebot ist zu klein. In Kärnten wurde gerade eine Studie präsentiert, die zu dem Ergebnis kommt, dass deutlich mehr gebaut wird, als Wohnungsbedarf besteht, auch weil die Bevölkerung schrumpft.
Der Großteil der neuen Wohnungen wird in den Städten Klagenfurt und Villach entwickelt. Beide Städte sind in den letzten Jahren dynamisch gewachsen, um etwa sieben Prozent in zehn Jahren. Das Problem der Abwanderung, und damit auch immer mehr leer stehende (gebrauchte) Immobilien, haben wir in Kärnten nur in den ländlichen Regionen.

Mehr als kritisch gesehen werden von der Bevölkerung die zum Teil überteuerten Wohnbauprojekte in Tourismusregionen. In dem Zusammenhang werden immer nur die Ängste kommuniziert, nie die Chancen. Es kann ja zum Beispiel festgelegt werden, dass ein bestimmter Teil der Wohnungen an die örtliche Bevölkerung vergeben werden muss. Und das zu fairen Konditionen. Und wenn im Rahmen eines solchen Tourismusprojektes zusätzlich ein Hotel entsteht, werden in der Region Arbeitsplätze geschaffen. Ein Teil der Wohnungen sind dann eben Zweitwohnsitze, für welche in der Gemeinde Abgaben gezahlt werden. Wichtig ist, dass transparente Diskussionen geführt werden.

Eine Forderung der Vereinigung der Projektentwickler ist der gläserne Akt. Wie weit ist man damit in der Verwaltung in Österreich?

Das ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich. In Wien beispielsweise kann man die gesamte Projekteinreichung seit April digital durchführen. Graz hingegen ist in dieser Hinsicht eher langsam. Und in Kärnten ist es von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich. Sehr gut organisiert sind zum Großteil die Bezirkshauptmannschaften. Ein Vorschlag wäre auch, dass kleinere Gemeinden sich zu Regionen zusammentun, und regionale Bauämter mit einer kritischen Größe einrichten. Dann wäre der gläserne Akt leistbarer und man spart Kosten.

Welche Vorteile bringt der gläserne Akt und wem?

Wenn man überall einen gläsernen Akt hätte, wäre für jeden Beteiligten genau ersichtlich, in welcher Baustufe sich das Projekt befindet. Man könnte genau sehen, wo es hakt. Unstimmigkeiten könnten vermieden werden. Das wäre wichtig für die Effizienzsteigerung.  Transparenz für alle Beteiligten, somit auch für die Anrainer.

Wie wollen die Bauträger ihr Image verbessern?

Wir wollen mit der Bevölkerung eine proaktive Kommunikation führen. Unser Ziel ist es, Lebensräume für sie zu schaffen. Wichtig ist es auch, immer sachlich zu bleiben, gemeinsam mit den Menschen vor Ort zu schauen, was möglich ist. Und man kann nicht alles zu Tode regulieren.

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